
UMWELTMINISTERIN THEKLA WALKER, MDL PETER SEIMER UND KREISRÄTIN LEA ROCCA ZU BESUCH BEI ELEKTRO-BREITLING: NATURERLEBEN, TARIFUMBRUCH, BÜROKRATIE UND ARBEITSSCHUTZ IM FOKUS
21.11.2025
Am 20. November 2025 besuchten die baden-württembergische Umweltministerin Thekla Walker MdL, Peter Seimer MdL und Kreisrätin Lea Rocca die Elektro Breitling GmbH in Holzgerlingen. Im Austausch mit Geschäftsführer Jörg Veit ging es um das schwindende Naturerleben von Kindern und Jugendlichen, die wirtschaftliche Lage im Elektrohandwerk, den Umbruch durch die Einführung des neuen ERA-Systems, die zunehmende Bürokratiebelastung für kleine und mittlere Unternehmen sowie aktuelle Herausforderungen im Arbeitsschutz – insbesondere beim Thema Asbest.
Gemeinsame Wurzeln: Natur-Scout und Ressourcen-Scout
Zu Beginn des Gesprächs stellten Thekla Walker und Jörg Veit eine gemeinsame biografische Linie fest: Walker entwickelte Anfang der 2000er-Jahre im Rahmen eines NABU-Projekts den „Natur-Scout“ für Kinder und Jugendliche, Veit konzipierte zur gleichen Zeit mit Handwerk BW den „Ressourcen-Scout“, der Handwerksbetrieben helfen sollte, Ressourcen einzusparen und nachhaltiger zu wirtschaften. Aus dieser gemeinsamen „Scout“-Perspektive ergab sich unmittelbar ein Gespräch über das rückläufige Naturerleben von Kindern und Jugendlichen. Mit einem Augenzwinkern brachte Veit es auf den Punkt: „Heute haben es Nacktschnecken schwer, mit TikTok-Stars mitzuhalten.“ Dahinter steht eine ernste Botschaft: Wer Natur nicht mehr unmittelbar erlebt, baut weniger emotionale Bindung auf und damit sinkt langfristig die Bereitschaft, sie zu schützen.
„Man schützt nur, was man liebt und man liebt nur, was man kennt“, betonte Veit. Es brauche daher mehr Angebote, in denen Kinder und Jugendliche Natur direkt erfahren: in Schule, Jugendarbeit und auch in der beruflichen Bildung.
Deindustrialisierung im Südwesten: Risiken und Chancen
Ein weiterer Schwerpunkt war die Diskussion um Deindustrialisierungstendenzen im Südwesten. Meldungen über Stellenabbau und Investitionszurückhaltung verunsichern Betriebe und Beschäftigte, gleichzeitig entstehen neue Chancen durch Start-ups und innovative Geschäftsmodelle, insbesondere in der Energie- und Gebäudetechnik. Veit unterstrich, dass es Aufgabe von Politik und Unternehmensführung sei, diese Transformation aktiv und mutig zu gestalten: „Wir brauchen weniger parteipolitische Grabenkämpfe und mehr lösungsorientierte Zusammenarbeit. Führung, in Unternehmen wie in der Politik, heißt heute, Zuversicht und Tatkraft auszustrahlen, statt nur Krisen zu verwalten.“
Wirtschaftliche Lage und neues ERA-System
Mit Blick auf die aktuelle Herbstkonjunktur im Elektrohandwerk sprach Veit von einem sich eintrübenden Geschäftsklima und rückläufigen Auftragsbeständen, obwohl viele Betriebe ihre Lage noch als stabil bewerten.
Gleichzeitig steht das Elektrohandwerk vor einer tariflichen Umbruchphase: „Mit dem neuen ERA-Entgeltrahmensystem werden Tätigkeiten neu bewertet, bisherige Lohngruppen in ERA-Strukturen überführt und zahlreiche Beschäftigte neu eingruppiert. Zusammen mit den jüngsten Tarifabschlüssen führt dies in vielen Betrieben zu spürbar höheren Personalkosten, als ursprünglich erwartet. Für die Unternehmen bedeutet dies hohen organisatorischen Aufwand, intensive Kommunikation mit den Beschäftigten und zusätzliche Belastung in einer ohnehin angespannten wirtschaftlichen Situation.“
Bürokratie aus Brüssel und Berlin: Mittelstand in der Zange
Kritisch beleuchtet wurde außerdem die Wirkung europäischer und bundesweiter Regulierung auf kleine und mittlere Unternehmen. Veit wünschte sich, dass das Land Baden-Württemberg in Brüssel und Berlin noch stärker als Stimme des Mittelstands auftritt.
Als Beispiele nannte er das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LkSG) und die NIS-2-Richtlinie. Auch wenn viele Handwerksbetriebe formal nicht direkt betroffen seien, gerieten sie als Zulieferer größerer Unternehmen erheblich unter Druck, wenn umfangreiche Dokumentations- und Compliance-Anforderungen entlang der Lieferkette oder der IT-Sicherheit weitergereicht werden. „Der deutsche Mittelstand leidet unter Bürokratiemonstern, die an der Realität im Handwerk vorbeigehen. Kleinere Betriebe brauchen handhabbare, verhältnismäßige Regeln und keine Dokumentationspflichten, die ganze Teams und Investitionen binden ohne Chance einer Reinvestition“, so Veit.
Asbest im Bestand: Handwerk fühlt sich allein gelassen
Ein weiterer zentraler Punkt war das Thema Asbest im Gebäudebestand. Viele Handwerksbetriebe sehen sich mit unklaren Vorgaben, hoher Haftung und großem organisatorischem Aufwand konfrontiert, wenn es um Sanierungen in Bestandsgebäuden geht.
Veit machte deutlich, dass sich zahlreiche Unternehmen beim Thema Asbest „ziemlich allein gelassen“ fühlen. Er fordert: „…mehr Aufklärung in der Bevölkerung, klare und praktikable Vorgaben für Handwerker:innen und Privatleute gleichermaßen, sowie verlässliche Rahmenbedingungen, die Gesundheitsschutz, Rechtssicherheit und Wirtschaftlichkeit in Einklang bringen. Für das Handwerk steht hier viel auf dem Spiel“, so Veit.
Dialog zwischen Politik und Praxis fortsetzen
Trotz aller kritischen Punkte betonte Veit die Bedeutung eines offenen, konstruktiven Dialogs zwischen Politik und Praxis: „Die großen Themen, vom Klimaschutz über die Energiewende bis hin zur Sanierung des Gebäudebestands , lassen sich nur gemeinsam lösen. Dafür brauchen wir den Austausch auf Augenhöhe zwischen Ministerien, Verbänden, Mittelstand und Handwerk.“
Der Besuch von Umweltministerin Thekla Walker, Peter Seimer MdL und Kreisrätin Lea Rocca bei Elektro Breitling sei ein wichtiges Signal für diesen Dialog, der am Ende ökologische Ziele mit der Leistungsfähigkeit des Handwerks und des Mittelstands in Einklang bringen kann. Vielen Dank an Ministerin Thekla Walker, Peter Seimer MdL und Lea Rocca für den offenen Austausch.




